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Geschichte

(Auszug aus dem Buch «Die Aargauer Gemeinden 1991»)

Lage

Dietwil ist die südlichste Gemeinde des Bezirks Muri, angrenzend an den Kanton Luzern, zu der auch die beiden in der Reussebene gelegenen Weiler Eien und Gumpelsfahr gehören. Das Dorf steht auf einer kleinen Moräne, an deren Fuss die Hauptstrasse in Richtung Luzern mit Anschluss an die Autobahn vorbeiführt. Geographisch, geschichtlich und wirtschaftlich mit der luzernischen Nachbarschaft verknüpft.

Geschichtliches

In der rund 800 Einwohner (aktuelle Einwohnerzahl) zählenden Freiämtergemeinde hat sich die ehemals vorwiegend bäuerliche Ortschaft in jüngster Zeit verändert. Obwohl Industrie fehlt und auch das Gewerbe nur schwach vertreten ist, hat die Bautätigkeit plötzlichen Aufschwung genommen. Nebst Bauten von Mehrfamilienhäusern sind auch Überbauungen mit vorwiegend Einfamilienhäusern entstanden. Die schöne Wohnlage und die nahegelegenen Industriezentren, die für die Pendler leicht zu erreichen sind, mögen zu dieser Entwicklung beigetragen haben. Ebenfalls von Bedeutung ist der Anschluss an die neueröffnete Autobahn Gisikon-Luzern sowie die geplante Autobahn Zug-Zürich.

Das Dorf taucht erstmals in einer Engelberger Urkunde von 1236 als «Tuerwile» auf, wobei diese Namensform eindeutig ein Verschrieb von «Tuetwile» ist. Im Jahre 1415 kam die Gemeinde mit andern Teilen des Aargaus an die Eidgenossen, die sie mit dem Amt Meienberg der Landvogtei der Freien Ämter zuteilten. Anfangs des 15. Jahrhunderts wurde die Vogtei über Dietwil von der Luzerner Familie von Moos erworben, die sie aber schon 1422 an die Stadt Luzern verkaufte. Diese liess die niedere Gerichtsbarkeit über Dietwil durch den Vogt zu «Habsburg am See» (Kanton Luzern) ausüben, der seinerseits einen Amtmann unter den Angehörigen der Herrschaft bestimmte. Aus diesem Grunde kam es zu vielen Kompetenzstreitigkeiten um dieses Gericht mit den eidgenössischen Landvögten der Freien Ämter.

Während des Sonderbundkrieges befand sich das Truppenlager der Zürcher in Dietwil. Das Dorf wurde jedoch in keine grösseren Kämpfe verwickelt. Die Sonderbunds-Truppen standen damals unter dem Kommando von General Salis-Soglio, welcher immer wieder versuchte, Leute aus dem Dorf für die Armee aufzubieten, allerdings ohne Erfolg - Dietwil verhielt sich passiv.

Eine Fähre ist noch in Betrieb

Erwähnenswert sind weiter die Fähren bei den Weilern Eien und Gumpelsfahr über die Reuss, die die Verbindung ins Zugerland sicher stellten. Eine davon war noch bis ca. 1900 in Betrieb. Im letzten Jahrhundert lagerten Zigeuner aus Weissrussland in der Nähe, die vor Napoleon geflüchtet waren. Diese Leute blieben im Dorf. 1863 erfolgte die Einbürgerung durch Beschluss des Regierungsrates des Kantons Aargau.

Die hauptsächlichsten alten Bürgergeschlechter, welche bis ins Mittelalter zurückführen, sind Burkart, Hochstrasser, Huwiler, Köpfli, Marti, Meier, Rinderli, Schmid, Sidler, Steiner, Stuber, Suter, Wolfisberg.

Das Twingbuch von 1530 regelte das Gemeindeleben. Jedem Twingangehörigen stand das Recht zu, für den Unterhalt des Hauses im Walde Holz zu schlagen, und zwar Sag- und Zimmerholz, ebenso Schindelholz, das man zum Decken der Häuser brauchte. Diese waren damals entweder mit Stroh oder Schindeln gedeckt. Als Gegenleistung war jeder Dorfgenosse verpflichtet, einen Tag im Jahr für die Gemeinde zu fronen. Dietwil hat sich unter der Herrschaft Luzerns gut entwickelt. Fast nirgends wurden im 18. Jahrhundert so viele Bodenzinse und Zehnten losgekauft wie in Dietwil.

Ein Kleinod aus der Barockzeit

In der zum Bistum Konstanz zählenden Gemeinde wurde 1145 die erste Kirche erbaut. Die heutige Barockkirche stammt aus dem Jahre 1781 und gilt als eine der schönsten in der Umgebung. Prächtige Stukaturen und Deckenbilder sowie drei grosse Altaraufbauten zieren das Innere des Gotteshauses. Hart neben der Kirche steht das Beinhaus (Aufbahrungshalle) St. Antonius von Padua, auf dessen Satteldach auf der Apsisseite ein Zwiebeltürmchen thront. Der kleine Altar im Inneren wiederholt in handwerklich-ländlichem Stil die Seitenaltäre der Pfarrkirche.

Fleiss und Fortschritt

Zahlreiche Bauwerke der Gemeinde sind in den letzten Jahren ausgeführt worden. So konnte die Güterregulierung zur allgemeinen Zufriedenheit abgeschlossen werden, die Wasserversorgung benötigte ein Hochzonenreservoir sowie ein neues Reservoir für die Niederzone, eine Zivilschutzanlage mit 310 Schutzplätzen konnte erstellt werden, die bestehende Kläranlage genügte nicht mehr, so dass mit der Nachbargemeinde Oberrüti eine gemeinsame Abwasserreinigungsanlage «ARA» betrieben wird. Die vor 20 Jahren erbaute Mehrzweckhalle bedurfte einer Renovation. Mit diesem Vorhaben kam auch eine Erweiterung zur Ausführung, ein Musikzimmer und ein Vereinslokal konnten der Bestimmung übergeben werden. Das Gebäude wurde dem Ortsbilde angepasst, indem man das bisherige Flachdach durch ein Giebeldach ersetzte. Im Jahr 2013 wurde der Schulraum erweitert, indem ein neuer Kindergarten sowie zwei neue Schulzimmer auf dem ehemaligen Feuerwehrmagazin errichtet wurden.

Den schönen Dorfkern - Kirche, Pfarrhaus, Schulhaus, Totenkapelle, Kaplanei - möchte man in seinem Stil erhalten und die benachbarten Gebäude miteinbeziehen.

"Tue s Muul uf": Beim Bau der alten Reussbrücke, die das obere Freiamt mit dem luzernischen Gisikon verband, hatten die Dietwiler aus ihrem Gemeindewald das Bauholz für die Brückenkonstruktion geliefert. Dafür mussten sie beim Passieren der Brücke keinen Zoll entrichten, wenn sie ins Luzernische hinübergehen wollten. Da kam es etwa vor, dass ein Dietwiler die Brücke überschritt, ohne sich weiter um die Zollformalitäten zu kümmern. "Tue s Muul uf: Bisch du en Dietwiler oder nid?" herrschte ihn alsbald der Zöllner an. Diese Aufforderung trug dann den Dietwilern den Übernamen "Muulufer" ein.

Der Dietwiler Zwingrodel von 1530

Bei ihrer Arbeit an der Freiämter Rechtsquellenedition stiess die Wohler Historikerin, Dr. Anne-Marie Dubler, auf eine ungewöhnliche Geschichtsquelle - auf einen in Leder gebundenen prächtigen Pergamentband, wie er in keinem anderen Oberfreiämter Gemeindearchiv zu finden war. Der nun bald 500-jährige Dietwiler Zwingrodel ist ein Rechtsbuch, das der Dietwiler Dorfverwaltung von 1530 bis 1798 als Nachschlagewerk und Leitfaden diente. Er enthält die damals gültigen Rechtssätze, Ordnungen und Vorschriften, die im Zwing (Bezirk) Dietwil das Rechts-, Wirtschafts- und Dorfleben regelten. Dr. Anne-Marie Dubler hat den Zwingrodel unter die Lupe genommen und am 9. Dezember 2008 darüber einen spannenden Vortrag gehalten:

Die Dietwiler - Untertanen unter Zwingherr und Landvogt
Was der Zwingrodel von 1530 aus dem Dietwiler Alltag erzählt!

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